Ganz ehrlich gesagt habe ich mich zu Anfangs oft gefragt, warum Veganer auf Honig verzichten. Klar, es ist ein Produkt, dass irgendwie tierisch ist, aber irgendwie anders als Fleisch oder Milch. Oder?! Ich fand jeder Veganer sollte für sich selbst entscheiden wie vegan er wirklich leben möchte.
Ich wurde eines Besseren belehrt. Bereits bevor ich den Film “More than honey” gesehen hatte habe ich immer wieder etwas zum Thema Honig gelesen. Erstmals richtig bewusst im Buch “Vegan für alle!” von Jan Bredack (zum Artikel…). Fazit: Ich esse keinen Honig mehr. Zwar war mein Honigkonsum noch nie sehr hoch, nach meinem jetzigen Wissensstand aber dennoch viel zu hoch! Mal ein Löffelchen in den Tee, wenn ich krank war. Aber ich hatte keine Ahnung wie genau die Geschichte mit dem Honig eigentlich geht und wie dieser auf meinen Löffel kommt. Sicherlich habe ich auch ganz oft Honig gegessen ohne dies bewusst zu tun. Schließlich werden genug Produkte mit Honig veredelt, z.B. Müslis.
Schon klar, Bienen produzieren Honig. Soviel weiß jeder – aber damit hat es sich dann auch schon bei Vielen.
Obwohl Ulm keine Großstadt ist, hatte ich bisher keinen direkten Kontakt zu Imkern bzw Honigzüchtern. Auch wenn ich am Waldrand sicherlich mal hin und wieder Bienenstände oder Bienenhäuser gesehen habe, bewusst darüber nachgedacht habe ich nicht wirklich. Aber so war es früher ja mit vielen Themen. Fleisch, Milch,… und eben auch Honig.
An meinen letzten Löffel Honig kann ich mich noch genau erinnern. Aber komischerweise vermisse ich den Geschmack überhaupt nicht. Agavendicksaft im Tee beispielsweise schmeckt mindestens genauso lecker. Außerdem gibt es noch viele weitere vegane Alternativen zu Honig. Diese möchte ich mir in der nächsten Zeit noch etwas genauer anschauen.
Aber jetzt weiß ich Bescheid. Dank einer Dokumentation: “More than Honey” von Markus Imhoof.
Der 90minütige Dokumentarfilm erschien im November 2012 und ist meiner Meinung nach wirklich sehenswert. Die zugehörige DVD erschien 2013 im Senator Filmverleih.
Filmerisch ist der Film wirklich gut gemacht. Verrückte Kameraeinstellungen lassen den Zuschauer mit Bienenschwärmen fliegen oder mitten in einer Wabe sitzen. Je größer der Fernseher, desto krasser sind sicherlich die Bilder. Ständig fragt man sich, wie die Einstellung wohl gemacht wurde.
Richtig verrückt ist aber das Summen der Bienen über die Surround-Anlage meines Freunds. Er liegt neben mir auf dem Sofa und schläft während ich den Film schauen. Ich bin gespannt wie lange noch bei diesem Gesumme um uns herum. Er ist erkältet und statt Tee mit Honig habe ich ihn heute mit Äpfel vollgestopft.
Imhoof erzählt im Film aus seiner eigenen Geschichte und seiner Familie. Das macht den Film sehr authentisch. Nach 25 Minuten allerdings muss ich sehn, wie ein Imker der Bienenkönigin den Kopf abreißt. Sie ist fremd gegangen… Kein rotes Blut. Hat man deshalb kein Mitleid mit Bienen?
Nach ein paar weiteren Minuten wird klar wie sehr die Bienenzucht der Massentierhaltung ähnelt. Auch wenn es hier nicht blutig zugeht. Brutal und ausbeuterisch ist es allemal. Das zeigen genug Szenen im Film. Jeder Imker würde wahrscheinlich an dieser Stelle sagen, dass ich einfach keine Ahnung habe. Aber ganz bestimmt gibt es einen deutlich großen Unterschied zwischen Hobby-Imkern, die ihre Bienen lieben und schätzen und pflegen und Industrieimkern. Das sich Geld machen lässt mit Bienen erkenne ich aber sehr wohl. Sogar mit der Post werden ein paar Bienen versendet. Sogar per Luftfracht von Deutschland in die USA. Wie verrückt ist das denn bitte?!
Es gibt auch Wander-Imker, die sich darauf spezialisiert haben ihre Bienenvölker in LKWs zu packen und mit ihnen umherzureisen. Bienentourismus. Nicht selten werden Bienen hierdurch krank oder sterben. Die Szenen dazu könnten glatt aus einem Horrorfilm stammen. “Völkerkollaps” nennt der Imker, welcher die Kästen aus den LKWs zieht den Zustand nach der Reise keine lebenden Bienen mehr zu finden, stattdessen tausende Tote. Der Verlust ist ein normaler Teil des Geschäfts. Und mit diesen Worten kratzt er die toten Bienen aus den Kästen auf den Boden.
Bienen werden nach ihrer Reise mit Medikamenten und Zuckerwasser aufgefüttert. Und wer bekommt es am Schluss ab? Der Mensch, der Honig isst…
In China in manchen Regionen gibt es keine Bienen mehr. Zuviel Chemie wurde bereits verwendet in der Vergangenheit. Manche Aussagen des Films sind einfach verrückt und ohne die Bilder dazu würde man es wohl kaum glauben. Aber ich habe es schon an vielen Stellen gelesen und gehört. In China müssen die Menschen ihre Blüten von Hand bestäuben. Ich weiß nicht, ob jedem klar ist, wie ernst die Situation ist und wie sehr das Leben droht zu vergehn ohne Bienen…
5 Wochen lebt eine Biene im Schnitt. In der Zeit produziert sie gerade mal 1 Löffel Honig! 1 Löffel Honig, den ein Mensch innerhalb von Sekunden auf sein Brot schmiert und ohne mit der Wimper zu zucken konsumiert. Wahrscheinlich sogar ohne Genuss. Eher einfach aus Gewohnheit und aus purem blauäugigen naiven Luxus heraus.
Ich möchte nicht zu viel aus dem Inhalt des Films verraten. Schaut ihn euch lieber selbst an. Um alle Details und Zusammenhänge hundertprozentig richtig wiedergeben zu können müsste ich den Film sicher mehrmals sehen.
Für Leseratten gibt es “More than Honey” übrigens auch als Buch. 208 Seiten, erschienen im orange-press Verlag. Da ich aber aktuell das Buch “Allein unter Gurken” von Andreas Hoppe lese (eine Reise sich komplett regional zu ernähren), war ich heute mal faul und habe mir den Film angeschaut. Die tollen Bilder kann das Buch sicherlich nicht liefern – auch wenn einige Fotos im Buch abgedruckt sind.
Das DVD-Menü enthält übrigens auch tolle weitere Filmtipps, die ich mir sicherlich bei Gelegenheit genauer anschauen werde.
PETA hat übrigens einen guten Artikel veröffentlicht, der aufzeigt warum Honig ganz und gar nicht vegan ist (zum Artikel…).
Vegtastische Grüße!
Sabrina
Ich danke der Senator Entertainment AG für die Bereitstellung der DVD und orange-press für die Bereitstellung des Buchs für meinen Artikel.